Donnerstag, 14. September 2017

"Aufstehen" - Video vom Literaturabend am 02.09.17



Das erste Video vom letzten Literaturabend am zweiten September in Kierspe ist nun verfügbar. Zu sehen gibt es das Gedicht "Aufstehen" aus dem Gedichtband "Wenn es dunkel wird...". Der Text ist hier ebenfalls abgedruckt:



Aufstehen


Aufstehen

raus sehen
Die Stöpsel rausdrehen
Humpelnd tastend
niemals rastend
nach der Brille auf dem Nachttisch suchen
lautstark fluchen
über die Sonne

das grelle Licht des müden Tages
"Wenn du etwas was wissen willst"
sagte mein Vater, "erfrag‘ es
denn dir wird hier nichts geschenkt."
Duschen

rein in die Klamotten
der Mantel aufgehängt
wie die Hoffnungen vergangener Tage
an denen man noch geträumt
Müsli runtergeschlungen

die Küche aufgeräumt.
Dann zum Bahnhof

einen Kaffee
er schmeckt abscheulich
setze mich wie die alten Herren neulich
auf weiße Plastikstühle

wo geht es zum Bahnsteig?
Zugausfall – wir entschuldigen den Warnstreik.
Dann halt in den Bus setzen
höre sie nur Stuss schwätzen
diese sorgenlose Jugend
sich am Smalltalk erlabend
deren Köpfe schon so voll sind
wie die Gläser am Abend.
Stopp gedrückt

der Bus hält an
im echten Leben geht das nicht
durch den Regen sprintent
um acht beginnt die Schicht.
Keuchend stehe ich vor dem Eingang
wie vor einem Altar
und mein Chef begrüßt mich:

"Auch schon da?"


Und ich atme ein

und ich atme aus
und ich gehe rein

und renne raus

Und ich fühle den kalten Wind an meiner Stirn
unter der meine Schläfen stetig pulsier‘n
im Takte meines Businessplans
bin das Getriebe dieses Wissenswahns.


Der Tag ist nur ein winziger Augenblick
der Mensch von heute ist selbst beim Staubsaugen schick
und das Büro ist nur ein Spiegelbild
der kranken Mutter Erde
sie scheut zurück
wie vorm Elektrozaun die Pferde.
Und eigentlich will ich nicht
und eigentlich kann ich nicht
und weinerlich, meine ich
einheitlich tanze ich
auf einem riesigen Ball
geschmückt mit Zahnrädern

die sich drehen
immer weiter
ein ernstzunehmender Fall
und endlos Leiter
der Karriere

weil immer jemand besser ist
und weil man's irgendwann vermisst
den ganzen Druck
denn ohne Druck kann der Mensch nicht leben
und so will er sich doch nur machen
oben über allem schweben
den Tellerwäschern, die die Millionäre bedienen
die neue Elite auf stählernen Schienen
ihrer Karriere, dessen Anker ist
wird ihnen verinnerlicht
doch eigentlich hoffen sie nur innerlich
auf ein erinner-mich
ein Schimmerlicht
eine immer-Sicht
die für immer nicht
nur den Drang nach Rang und Klang
im großen Gesang der Maschinen in sich hält
und es dreht und es dreht und es singet die Welt.

Und ich atme ein

und ich atme aus
und ich gehe rein

und renne raus

Und ich fühle den kalten Wind an meiner Stirn
unter der meine Schläfen stetig pulsier‘n
im Takte meines Businessplans
bin das Getriebe dieses Wissenswahns.


Wo kann ich mich noch weiterbilden?
Wo kann ich meine Schulden tilgen?
Wo kann ich noch etwas besser werden,
nicht mehr meine Existenz gefährden?
Wo kann ich des Glückes höchsten Grades noch erreichen?
Und sie schütteln den Kopf und ich sehe mich
erbleichen.


Arbeit aus
einfach raus
dort zum Bus
welch ein Genuss
das Summen und Marschieren der Glocken
immer stehen, niemals hocken
sprinten, laufen, rennen,
Finten kaufen, flennen,
die Zielfahne

die dort vor uns lebt
fast erbebt und vom Winde erhebt
ja fast schwebt
hat uns nur jemand an die Stirn geklebt.
Und so rennen wir

dem Tode verwerflich
unseren eigenen Ansprüchen hinterher

zu ehrlich
um uns zu belügen
um nur weiter den Acker mit unserem Schweiß zu bepflügen.
Und als die Tagesschau am Bildschirm flimmert
ein Blitzlicht dieser Welt aufschimmert
liege ich bereits und hab die Augen geschlossen

und leise erklimme ich weiter die Sprossen.


Und ich atme ein

und ich atme aus
und ich gehe rein

und renne raus

Und ich fühle den kalten Wind an meiner Stirn
unter der meine Schläfen stetig pulsier‘n
im Takte meines Businessplans
bin das Getriebe dieses Wissenswahns.

Montag, 4. September 2017

Literaturabend: Zeitungsartikel, Spenden und Playlist

Vielen Dank an alle, die am Samstag dabei waren. Es war ein richtig schöner Abend! Nach Abzug der Kosten kommen wir außerdem auf etwa 120€ Spendeneinnahmen und können die UNICEF-Patenschaft um ein weiteres Jahr verlängern, auch dafür danke!
Die Meinerzhagener Zeitung hat ebenfalls berichtet.

Der gesamte Abend wurde auch gefilmt. Nach und nach werden wir einige Videos davon auf dem Youtube-Kanal und natürlich auch hier veröffentlichen.

Außerdem gibt es eine Playlist zum Literaturabend auf Spotify mit allen gespielten Liedern des Abends.